Krüppel-Zeitung


„... unter großer Anteilnahme begraben ...“

 

Daß die Zeiten der aktiven Krüppeigruppen, trotz aller Erfolge der Zeitschrift, vorüber sind, wird auch der Redaktion der 'KrüZ' klar, als sie in der Nr. 2-3/1984 ihre Leserinnen und sich selbst im Editorial fragt: „Stört es jemanden, wenn die KRÜPPELZEITUNG nicht mehr erscheint? - .. Außer vielen lobenden Bemerkungen ist die Resonanz auf die Zeitung kümmerlich: Praktische Mitarbeit in Form von Beitragen ist auf ein Minimum gesunken. Und wo das Echo fehlt, stellt sich die Frage, ob der Zeit- und Kraftaufwand sich für die wenigen Zeitungsmacher lohnt. Es ist ohne Sinn, wenn ein oder 2 oder 4 Leute ein Blatt herausgeben, deren Leserschaft nur noch konsumiert: Sich in den Rollstuhl zurücklehnt und - beim Blättern durch die neueste Ausgabe - von aktiven (verflossenen) Tagen träumt.“ Daß dies nicht eine Entwicklung ist, die ausschließlich die 'KrüZ' trifft, sondern im Gegenteil einen beachtlichen Teil einer polit-müden Stimmung darstellt, die sich durch das gesamte linkspolitische Spektrum Ende 1983/Anfang 1984 zieht, ist auch der (auf zwei Menschen zusammengeschmolzenen) Redaktion der 'KrüZ' klar. Diese zieht mit der Nr. 1/85 die Konsequenz und stellt das Erscheinen der 'Krüppelzeitung' mit den Worten ein: „...wie ihr auf der Rückseite der Zeitung seht (auf der ein Trauerzug zu sehen ist, der die 'KrüZ' zu Grabe trägt, Anmerkung J.F.), haben wir die Krüppel-Zeitung unter großer Anteilnahme begraben. In letzter Sekunde ist dieser Trauerstimmung unser kampferprobter Krüppel entsprungen - von ihm wird sicher noch zu hören sein...“ ('KrüZ' Nr. 1/85, S. 4) 

 

 

Der Versuch, ein unabhängiges und radikales Forum der 'Krüppelbewegung' zu schaffen, geht mit diesem Schritt zu Ende und ist gleichzeitig Ausdruck der Befindlichkeit einer 'Bewegung', die sich mit ihrem radikalen Ansatz und den Anforderungen an persönliche Auseinandersetzung nicht durchsetzen konnte. Auch die sich 1986 vollziehende Verbindung von der 'Krüppelzeitung' mit der Kölner Zeitschrift 'LUFTPUMPE' zur 'Zeitschrift für Behindertenpolitik - die randschau' kann kaum über die Schwäche der 'Bewegung' und den Verlust der Basisgruppen hinwegtäuschen.

 

Jörg Fretter, Marburg